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15 JAHRE SÜDPOL: Janine Bürkli und Magda Drozd im Gespräch
Anlässlich unseres 15. Geburtstags haben wir ehemalige Mitarbeitende und Weggefährt*innen zum Gespräch eingeladen und mit ihnen über ihre Zeit am Südpol gesprochen.
Während der Jubiläumssaison werden an dieser Stelle jeden Monat unterschiedliche Menschen von ihren ganz persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen erzählen.
Die Gespräche führte Carmen Bach, Co-Verantwortliche Kommunikation.
«Viele grosse Räume und wenig Personal»
Von wann bis wann und in welcher Funktion habt ihr im Südpol gearbeitet?
Janine Bürkli: Oktober 2018 bis und mit Juni 2019. Interims-Co-Leitung Tanz und Theater.
Magda Drozd: Inoffiziell.
JB: Inoffiziell, stimmt (lacht). Eigentlich haben wir als Produktionsleiterinnen angefangen.
MD: Wir haben angefangen als Produktionsleiterinnen und nach einem Monat hiess es: «Könnt ihr nicht auch noch das Programm machen und die Kommunikation, und könnt ihr nicht auch noch das und das?» Ich habe anschliessend bis August 2022 als Co-Leitung des Südpol und Leitung Theater und Performance gearbeitet.
Gab es noch eine Leitung, als ihr angefangen habt?
JB: Nein, Dominique Münch war schon nicht mehr da und Remo Bitzi hatte von ihm übernommen.
MD: Remo war damals Leitung Kommunikation, war dann kurzzeitig Geschäftsleitung und dann hat das Samuel Konrad vom Vorstand ad interim übernommen. Wir waren dann quasi inoffiziell künstlerische Co-Leitung.
Ihr habt euch also als Produktionsleiterinnen beworben und wart plötzlich künstlerische Leitung…
JB: Wir haben uns nicht beworben, wir wurden angefragt.
Direkt im Doppelpack? Kanntet ihr euch schon?
MD: Wir kannten uns nicht, ich wusste nur, dass da noch eine andere Person mit mir zusammenarbeiten soll. Ich habe damals von einem Kollegen eine Mail bekommen: «Die suchen da jemanden, melde dich doch mal bei Selina Beghetto.» Und dann hatte ich ein erstes Gespräch mit Selina und Janine und Dominique.
JB: Du vergisst immer, dass wir uns vorher schon auf einen Eistee im Neubad getroffen haben.
MD: Stimmt! Aber ich habe immer das Gefühl, ich sehe dich zum ersten Mal im Südpol. Du hast da noch dein Velo geflickt. Aber vielleicht ist meine Erinnerung auch ein bisschen verschwommen.
Dann seid ihr als Produktionsleiterinnen angetreten, ohne Leitung Darstellende Künste. Wie lief die Einarbeitung?
MD: Wir hatten zwei Stunden Übergabe mit Patrick Müller. Remo und Felix von der Technik haben viel erklärt und der Rest war «learning by doing». Damals waren die Strukturen auch anders: Es gab kein Budget, aber es gab sehr viele Zettel, die man ausfüllen musste, um irgendwas zu bekommen und die haben wir dann erstmal alle weggeschmissen. (alle lachen)
JB: Als wir angetreten sind, hatten wir absolut keine Ahnung, was da noch alles kommt. Beim ersten Treffen mit Dominique hatte ich gefragt, ob noch weitere Abgänge klar sind. Das war die Zeit, in der extrem viele Leute gegangen sind und das sinkende Schiff verlassen haben. Wir sollten die Saison überbrücken, bis eine nachhaltigere Lösung kommt.
Als ihr gesehen habt, wie alle um euch herum den Betrieb verlassen, was war eure Motivation zu bleiben?
JB: Die Leute, die noch da waren, vor allem das Technikteam. Das hat uns unglaublich gut aufgenommen. Mit den Leuten, die noch da waren, hat es mega Spass gemacht. Und wir zwei hatten es ja auch sehr gut miteinander.
MD: Wir waren jung und brauchten das Geld! (alle lachen) Es hat auch Spass gemacht und war eine neue Herausforderung. Ich kam ja eh von ausserhalb und war in das ganze Drumherum nicht so involviert. Für mich war das superspannend, mich da reinzuarbeiten und eine Szene aufzubauen. Der Vorstand war auch eine enorme Motivation, wir waren im engen Austausch mit Selina und Marc Schwegler.
JB: Weil so viele Leute weggefallen sind, mussten wir viel improvisieren und Sachen übernehmen, die uns vorher niemand erklärt hat. Deshalb hatten wir auch viele Freiheiten, konnten viel ausprobieren, das war ein gutes Lernfeld. Neben dem Programmieren haben wir Betten bezogen und Mittagessen für die Kommunikation fotografiert. (alle lachen)
Was habt ihr beide vor eurer Zeit im Südpol gemacht?
MD: Ich war Teil einer freien Performance-Theater-Gruppe und habe auch viel Musik gemacht. Ich hatte ein Jahr zuvor mein Studium in Bildender Kunst abgeschlossen und war freischaffend unterwegs. In der Zeit habe ich gemerkt, dass ich mehr Stabilität brauche, finanzieller Art, aber auch vom Zeitlichen her. Es war nicht einfach von der Kunst zu leben, ehrlich gesagt.
JB: Ich hatte damals gerade im Neubad aufgehört, im Kleintheater als Produktionsleiterin gearbeitet und nebenbei noch die Tankstelle Bühne geleitet.
Janine, du kanntest damals schon viele andere Luzerner Kulturhäuser von innen, Magda, du hast als Künstlerin auch schon viele Bühnen gesehen…
JB: Genau, wir haben uns extrem gut ergänzt. Magda, du hattest mehr den Aussenblick, warst selbst künstlerisch tätig. Ich kannte die lokale Szene. Deshalb wurden wir glaube ich auch so gut angenommen, weil viele gemerkt haben, dass das eine gute Kombi ist.
… was gab es damals im Südpol, was ihr von anderen Kulturbetrieben nicht kanntet? Was macht den Südpol zum Südpol?
MD: Ich kannte damals vor allem die Gessnerallee und die Rote Fabrik. Ich glaube das Einzigartige am Südpol ist, dass er viele grosse Räume hat und wenig Personal. (alle lachen)
MD: An den anderen Häuser habe ich nie so nette Leute in der Technik kennengelernt. So viel Herz wie da drin steckt, das gibt es selten.
JB: Und es galt immer das Prinzip des Möglichmachens. Die Südpol-Technik wollte immer ermöglichen, nie verhindern. Im Südpol war vieles möglich, zumindest aus technischer Sicht.
Was waren eure Lieblingsorte im Haus?
MD: Kleine Halle. Da habe ich die coolsten Sachen gesehen und die schönsten Begegnungen gehabt. Ich mag den Raum sehr. Ich mochte vor allem die Sharings.
JB: Mittagstisch mit dem Team. Es gab ja sonst keinen Aufenthaltsraum fürs Personal, wo man sich mal kurz hinlegen und entspannen konnte.
MD: Aber es gab die Allmend.
Wart ihr viel draussen?
MD: Wir haben oft zusammen Meeting-Spaziergänge gemacht. Oder ich bin ein paar Runden zwischendurch gelaufen.
JB: Oder vor dem Abenddienst noch kurz ein bisschen raus.
Ihr habt von besonderen Menschen gesprochen, gab es auch besondere Momente, an die ihr euch heute noch erinnert?
JB: Biertrinken mit dem Team bei der Anlieferung.
MD: Das erste Gastspiel, das wir programmiert hatten von «Collettivo Treppenwitz». Nach der Vorstellung haben wir an der Bar Panini für alle gemacht, obwohl es immer hiess, dass es nach der Vorstellung nichts mehr gibt. Und dann habe ich einfach mein Ding gemacht. Das wurde sehr geschätzt, das Zusammensein bei Essen und Trinken. Gemeinsam den Abend ausklingen lassen und nicht alle nach Hause scheuchen.
Wärt ihr heute woanders, wenn ihr nicht am Südpol gearbeitet hättet?
JB: Ich konnte sehr viel aus dieser Zeit mitnehmen, habe viel gelernt über die Erwartungen an einen Kulturbetrieb und wie diese mit der Geschichte des Ortes verknüpft ist. Es war eine intensive Zeit. Danach brauchte ich erstmal eine Pause von Luzern und bin nach Frankfurt gezogen. Aus heutiger Sicht war für mich diese Erfahrung durchaus entscheidend für meine weiteren beruflichen Schritte. Während meiner Mutterschaftsvertretung in der Gessnerallee ging es zum Beispiel genauso ums Troubleshooten. In so einer herausfordernden Zeit einen Betrieb mitzuverantworten, prägt einen schon sehr. Auch für die jetzige Co-Leitung vom Kleintheater ist das eine wichtige Erfahrung gewesen.
Trotz der Widerstände hat dich deine Zeit im Südpol bestärkt, diese Arbeit weiter zu verfolgen. Magda, du bist nach dem Südpol wieder zurück zum Kunstschaffen. Steht das im Zusammenhang mit deiner Arbeit am Südpol?
MD: Auf jeden Fall! Ich habe Remo kennengelernt, bei dessen Musik-Label Präsens Editionen ich jetzt alles veröffentliche. Ich habe ihm viel zu verdanken. Aus dieser Begegnung ist viel entstanden für meine jetzige Karriere. Wenn man in so einem Haus arbeitet, lernt man sehr viele Kulturschaffende kennen. Das erweitert natürlich das eigene Netzwerk und eröffnet neue Horizonte und Möglichkeiten, solche Kontakte knüpft man als Künstlerin nicht so schnell. Ich habe schon immer viel selbst veranstaltet und Produktionen gemacht, aber es war sehr bereichernd, mal tiefer in einen Betrieb reinzuschauen und die Abläufe kennenzulernen: sehr detailliert Einblicke in die betriebswirtschaftlichen Abläufe zu bekommen, das ganze Fundraising zu professionalisieren, Abrechnungen zu machen – das war quasi ein KV-Crashkurs.
Was verbindet euch heute noch mit dem Südpol?
MD: Ich bin immer mal wieder da für Residenzen. Weil ich immer wieder mit Gruppen arbeite, die am Südpol produzieren. So bleibe ich immer dran. Alle paar Monate immer wieder dort zu sein, finde ich mega schön.
JB: Ich bin immer noch gerne und regelmässig als Zuschauerin im Südpol, bin Mitglied im Verein und es gibt auch einen beruflichen Austausch durch das Kleintheater.
Wenn der Südpol ein Teenager wäre, der seinen 15. Geburtstag feiert, welchen Ratschlag würdet ihr im für seine Zukunft mit auf den Weg geben?
MD: Löse dich von deinen Eltern!
JB: Mach dein Ding und werde dir klar darüber, wer du bist und was du genau willst.